Grundlagenfrage: Verhältnis Ölsäure zu Linolsäure

Fettsäurespektren, Jodzahlen und Fettbegleitstoffe – hier werden Öle, Buttern und Wachse en detail gewürdigt.

Moderator: Heike

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Anonymous

Grundlagenfrage: Verhältnis Ölsäure zu Linolsäure

Ungelesener Beitrag von Anonymous »

Hallo,

ich frage mich wieder einmal, welches Verhältnis zwischen Oösäure und Linolsäure ich anstreben sollte.

Unterscheiden muss man sicherlich zwischen gesunden Hautzuständen und anderen, bei mir eben teilweise atopischen, zu Ekzemen neigenden.

Vermutlich meint "ausgewogenes Verhältnis" nicht eine mathematische Ausgewogenheit der Öl- und Linolsäure.

Ich würde mich freuen, wenn ich von euch Anhaltspunkte bekomme.

Viele Grüße
Matthias

Christian

Ungelesener Beitrag von Christian »

Hallo Mathias!

Endlich bekomme ich mal männliche Verstärkung hier! ;D

Da ich das gleiche Problem habe wie du (ND an den Händen) bevorzuge ich persönlich wohl eher Linol- bzw. Linolenbetonte Mischungen. Ich mag generell leichtere Emulsionen lieber da ich bei fettigeren Ölen eher das Gefühl habe meine Haut erstickt und das führt mitunter zu Juckattacken! Wachse gehen zB gar nicht!

Wenn ich jetzt zB nur reines Olivenöl auftrage, dann glaube ich die Haut dörrt aus, während bei Nachtkerzenöl eher ein entdpanntes Gefühl eintritt.

In Cremen mische ich jedoch schon auch immer. Da hat man jedoch effektiv auch nur einen geringeren Ölanteil!

Leider hab ich für mich noch nicht mein Non-Plus-Ultra-Öl gefunden! :/

Tja, ich konnte dir wohl nicht so weiterhelfen, ich bin aber auch nciht so bewandert bei Ölen. Da ist wohl jemand anderes besser geeignet!

HEEEEEIIIIKEEEE!!!

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

Du hast recht, Matthias, »ausgewogen« meint nichts exakt Mathematisches. Wenn ich selbst mische, habe ich immer beide Fettsäuren im Blick, als Basis sozusagen, und ergänze dann – je nach Funktion und Pflegeziel – übrige Fettsäuregruppen wie Linolensäuren und Palmitoleinsäure. Sagen wir so: beide bewegen sich in einem Anteil zwischen 30 und 70 % zu einander.

Im Sommer habe ich bewusst eine »Linolsäure-Lastigkeit« gepflegt; jetzt in der kälteren Jahreshälfte rücken wieder die ölsäurebetonten Öle in den Blickpunkt. Meine Haut ist an sich normal, aber da ich ein reiferes Mädchen bin, hat sie eine gewisse Neigung zur Trockenheit.

Öl- und Linolsäure verhalten sich unterschiedlich, ich versuche beide mal kurz zu skizzieren:

Einfach ungesättigte Fettsäuren wie die Ölsäure zeichnet viele gute Massageöle aus, wie z. B. Olivenöl oder Macadamianussöl. Sie zieht sehr gut und tief, aber etwas langsamer in die Haut ein und nimmt andere Stoffe mit, daher bezeichnet man Ölsäure auch als »Enhancer«. Ursache ist die Lage der Doppelbindung, nämlich in der Mitte der C-Kette, die sie sehr beweglich macht. Die untere Grafik verdeutlicht das, links (1) ist die gesättigte Stearinsäure (C18:0, als0 18 Kohlenstoffatome und keine Doppelbindung, rechts (2) die einfach ungesättigte Ölsäure C18:1, also ebenfalls 18 C-Atome und eine Doppelbindung):

Bild

Die Linolsäure hat zwei Doppelbindungen und ist noch beweglicher (hier habe ich leider noch keine Grafik erstellt) ;). Sie wird in die Lipide der Bilayer (genauer gesagt in die Ceramide, die an den Proteinhüllen der Korneozyten angeheftet sind), in der Hornschicht eingebaut und wirkt so barrierestärkend, auf der anderen Seite wirkt sie durch ihre Beweglichkeit (2 fragile Doppelbindungen) fluidisierend, da dieser Einbau die Ordnung der Lipide in der Barriereschicht in Bewegung hält.
Eine weitere wichtige fluidisierende Funktion ist die auf die Zellmembrane. Wenn neben Phospholipiden (Lecithin) mehrfach ungesättigte Fettsäuren Bestandteile der Zellmembrane sind, ist diese Zellmembran durchlässiger, geschmeidiger und schaffen dadurch eine wesentliche Voraussetzung für den Zellstoffwechsel. Grund ist auch hier die winklige Struktur, da ungesättigte Fettsäuren nie vollkommen dicht gepackt an einander liegen können. Gesättigte Fettsäuren sind starr und bilden ein dichtes Gefüge; sind sie bevorzugt in die Zellmembrane integriert, ist diese weniger elastisch und Stoffwechselvorgänge laufen langsamer ab. Viele dieser Einbauprozesse laufen über den inneren Stoffwechsel ab (also Ernährung); interessanterweise wirkt äußerlich aufgetragene Linolsäure entsprechend positiv.

Kurz: man kann also mit der Zusammensetzung der Öle einer Rezeptur ein wenig steuern, wie fluidisierend oder wie abschirmend, barrierestärkend eine Emulsion werden soll – ob sofort oder im Laufe eines hautinternen Prozesses (daher sind Mischungen von Ölen interessant, sie ergänzen sich auch in der zeitlichen Wirkung). Ich habe diese Thematik -> hier einmal angesprochen, im Zusammenhang mit Phytosterolen und Phospholipiden. Mehr Ölsäure (in einer Emulsion) bedeutet mehr direkte Barrierestärkung und Rückfettung (langsameres Einziehen, allerdings sehr gutes), mehr Linolsäure (schnelles Einziehen, aber nicht tief) betont Fluidisierung, Regeneration, mittelfristig Barrierestärkung durch hautinterne Prozesse. Auch im Hautgefühl sind Öle mit Dominanzen der jeweiligen Fettsäuren unterschiedlich: Linolsäurebetonte Öle sind »leichter« auf der Haut. Ultraleicht sind die Linolensäure-Öle: Perillasamenöl, letztens das erste Mal verwendet, ist weg wie nichts und gar nicht fettig, Wildrose und die anderen trocknenden Öle ebenfalls.

Ich hoffe, ich habe Dir ein paar Gedanken geben können?
Liebe Grüße
Heike

Anonymous

Ungelesener Beitrag von Anonymous »

Euch vielen Dank!

Ich werde mich gleich mal daran begeben und einfach eine Creme rühren. Für die empfindlichen stellen nehme ich nun mal mehr ölsäurehaltige Öle, für die anderen Cremes für die gesunde Haut verstärkt linolsäuredominierende.

Vielleicht mache ich auch einfach zwei unterschiedliche dieser Cremes - wobei ich vermute, dass man Unterschiede für die Haut nur langfristig merkt.

Wichtig für mich ist, eine Creme zu finden die die Haut an den kranken Stellen unterstützt und stärkt und gleichzeitig einige Pflanzenwirkstoffe einbindet, die gegen Juckreiz wirken bzw. beruhigend wirkt.

Das ist eine wunderbare Seite und ein so hilfreiches Forum - danke!

Euch alles einen auch so wunderbar sonnigen Samstag!
Matthias

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Matthias, das berührt nicht direkt Deine Frage, aber bei gestörten Hautfunktionen habe ich in jedem Falle im Blick:

Unverseifbares (der Avocado) (Wirkstoffportrait ->hier, allgemeine Erläuterung der Wirkung von Phytosterolen -> hier)
• Linolensäure/Gamma-Linolensäure in Nachtkerzen-, Hanföl, Johannisbeersamenöl (wahlweise)
• Sheabutter als Konsistenzgeber
• als Emulgator Lecithin (z. B. Reinlecithin).
• als Basisöl finde ich Amaranthöl klasse … ist aber selten und teuer. Du wirst auch andere geeignete finden …

Wirkstoffe werden unterschiedlich diskutiert, manche schwören auf Urea (wegen seiner hydratisierenden und juckreizstillenden Wirkung). Meersalz wird auch gerne in die Wasserphase gegeben. Ich schwöre auf Panthenol und Tocopherol, weil sie milder sind und nachhaltiger wirken – meine persönliche Meinung.

Kennst Du dieses Script von Prof Wohlrab, »Adjuvante Therapie der atopischen Dermatitis«? Dieses Konsenspapier ist voller wertvoller Anregungen; es fasst wesentliche Statements und Erfahrungen zusammen. Dort werden u. a. auch Wirkstoffe besprochen (und es ist gut zu lesen, finde ich).
Liebe Grüße
Heike

Anonymous

Ungelesener Beitrag von Anonymous »

Hallo ihr!

Unverseifbares habe ich immer mit dabei, wenn die Haut nicht gesund oder heile ist. Superzeug!

Sheabutter fand ich schon immer klasse und ist auch immer mit dabei; dass es gut gegen krankhafte Hautzustände ist, kommt mir sehr entgegen.

Auf dieser wundervollen Seite bin ich schon auf die Wunderdinge gestoßen, die Alpha- und Gamma-Linolensäuren vollbringen und schaue sehr genau hin, damit ich viel davon in einer Creme habe. Mit Hanföl, Johannisbeersamenöl, Nachkerzenöl und Sojaöl habe ich ja schon einge Vertreter mit dabei. Aber ich werde mich hier nicht ausruhen und bei meinem nächsten ruinösen Einkauf mal ein Auge auf Amaranthöl werfen...

Die Studie habe ich zufällig vor einigen Tage gelesen (naja, überflogen). Wenn ich ein bisschen mehr Zeit habe, widme ich mich dem Bericht ausgiebiger.

Wie immer tausend Dank für die ganzen Ratschläge und Tipps. Alleine würde es noch Jahre dauern, bis ich auf meinem jetztigen Wissensstand bin.

Übrigens habe ich gestern eine Wirkstoffcreme mit 35%Fettanteil gemacht, die wirklich wunderbar auf der Haut liegt, bis jetzt mein bestes Ergebnis, was das Aufstreichverhalten und das Gefühl hinterher anbelangt. Und ich glänze nicht mehr so, dank leichten Komponenten wie Aprikosenkernöl und Traubenkernöl, vermutlich aber wegen etwas mehr an Cetylalkohol (1%) und dem ersten Beimischen von Xanthan (0,2g).
Wenn ich mit dem Rezept auch noch in einigen Tagen zufrieden bin, kann ich es gerne hier einstellen; wenn Nachfrage besteht, auch sofort!

Viele Grüße
Matthias

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Matthias,

ich freue mich richtig, dass Du Anregungen findest, die Du als wertvoll und wohltuend erlebst … und dass es wieder jemanden gibt, der das Unverseifbare für sich entdeckt hat. ;-)
Matthias hat geschrieben:Übrigens habe ich gestern eine Wirkstoffcreme mit 35%Fettanteil gemacht, die wirklich wunderbar auf der Haut liegt, bis jetzt mein bestes Ergebnis, was das Aufstreichverhalten und das Gefühl hinterher anbelangt. Und ich glänze nicht mehr so, dank leichten Komponenten wie Aprikosenkernöl und Traubenkernöl, vermutlich aber wegen etwas mehr an Cetylalkohol (1%) und dem ersten Beimischen von Xanthan (0,2g).
Es wird das Zusammenspiel der Komponenten sein. Gute Rezepte sind immer willkommen. Du kannst Deins erst testen oder mit dem entsprechenden Hinweis zu Beginn notieren, dass Du es gerade erst ausprobierst. Ein Rezept kann sich ja auch entwickeln … da Du hautmäßig »vorbelastet« bist (ich hoffe, ich darf das so sagen), bin ich sicher, dass es ein sehr durchdachtes Rezept ist, habe ich Recht?
Liebe Grüße
Heike

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