Sind in Pflanzenauszügen ganz schwache Emulgatoren?

Hier ist der richtige Ort, um sich über Pflanzen allgemein auszutauschen.

Moderator: Birgit Rita

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pflanzenölscheich
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Sind in Pflanzenauszügen ganz schwache Emulgatoren?

Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Grüß Euch! :)
Nach dem wohltuend warmherzigen Empfang komme ich nun zu Punkt zwei der Tagesordnung: Auswüchse meiner alchemistischen Neugier :biggrin:

Zumal mir noch jeder Ansatz fachbezogener Ausrüstung zur Herstellung von Pflanzenauszügen fehlt, setze ich sie derzeit mit gründlich abgekochtem Wasser quasi wie einen herkömmlichen Tee an. Vor der Verkeimungsproblematik muss ich mich gegenwärtig vermutlich noch nicht fürchten, weil ich immer so kleine Mengen des Auszuges in meinen Gesamtmischungen verwende, dass sie in ein bis zwei Wochen stets verbraucht sind.

Nun zu meiner eigentlichen Frage: Beim eher kuriosen Versuch, einen Salbeiauszug testweise mit Aprikosenkernöl zu mischen, entdeckte ich, wie eine begrenzte aber durchaus erstaunliche Menge kleiner Ölbläschen in der wässrigen Lösung eingeschlossen wurde. Das Gemisch schien sich irgendwie zu verbinden - nicht so sauber, wie man es von ausgewachsenen Emulgatoren kennt, aber auch nicht so klar in Flüssigkeit und Öl getrennt wie bei meiner "Kontrollgruppe" von Aprikosenkernöl in reinem Wasser. Dieses merkwürdige Verhalten von Pflanzenauszug und Öl hatte ich durch Zufall bereits beim klassischen Ölbaden entdeckt, als ich Wirkstoffe im wässrigen Teil anreichern wollte. Statt oben zu schwimmen, sank das Öl teilweise auf den Gefäßboden und bildete schlierenartige Ablagerungen.

Meine aktuelle Theorie dazu geht davon aus, dass pflanzliche Extrakte ätherische Öle enthalten, zu deren wässriger Lösung es bereits eines natürlichen Emulgators bedurfte, der offenbar auch entsprechend schwach dosiert enthalten ist. Sonst, so reime ich mir das einmal zusammen, müsste sich selbst der einfachste Schwarztee in eine wässrige Komponente mit eindeutig aufliegendem Ölfilm gliedern - was er ja nicht tut.

Zu Film-, Gel- und Schaumbildnern ergänze ich noch den Theoriebildner, danke für erhellende Hinweise und winke freudig,

Harald - Alchemist des Grübelns und amphiphiler Theoriebildner :kichern:

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

Ich tippe auf Anteile an tensidischen Saponinen – sie können regelrecht Schaum schlagen. :-) Hier habe ich ein Glycerit hergestellt, man sieht den Schaum (hier noch vor der Filterung) deutlich:

Bild

Als Tenside verringern sie die Oberflächenspannung des Wassers, und so können ölige Partikel durchaus ansinken. In alkoholischen Auszügen lösen sich noch pflanzliche Sterole, also leichte W/O-Emulgatoren.

Tenside kann man auch als Auszugsmittel nutzen, ich stieß letztens auf eine Patentschrift, die Pflanzenauszüge mit Emulgatoren behandelte – ich will aber keine (zusätzlichen) Emus in meinen Auszügen, daher habe ich das Thema nicht weiter verfolgt.
Liebe Grüße
Heike

anette

Ungelesener Beitrag von anette »

Hmmm, den Alchemisten ist Salbei ist weniger für Saponine als für ätherische Öle, Gerbstoffe und Bitterstoffe bekannt.

ÄÖ-Bestandteile sind. u. a. 1,8-Cineol (wie im Eucalyptus) und Thujon (berühmt berüchtigt dank Absinth-Schnaps), beide sind auch etwas wasserlöslich, ohne Emus. (Daher die Warnung deines Apothekers wg. Thujon Salbeitee nicht tägl. über einen längeren Zeitraum zu trinken.) Vielleicht vermitteln sie direkt. Könntest du rausfinden, indem du das Öl vorsichtig abgießt und dann die gemischte Phase beschnupperst. Riecht sie mentholartig bzw. eucalyptusartig, dann dürftest du den/die Schuldigen gefunden haben. Vor der neugierigen Nase ihres Scheiches werden sie sich nicht verstecken können.

Mit Gerbstoffen Vorsicht bei trockenen Ekzemen, sie koagulieren Eiweiß und können dadurch trocknene Zustände verstärken. Bei nässenden Ekzemen und Wunden eine prima Sache, aber bei trockenen nicht so erwünscht.

LG Grüße und weiterhin viel Freude an der Suche nach dem Stein der Weisen,
Anette

vrana

Ungelesener Beitrag von vrana »

anette hat geschrieben:Hmmm, den Alchemisten ist Salbei ist weniger für Saponine als für ätherische Öle, Gerbstoffe und Bitterstoffe bekannt.
ja, aber wir reden hier von einem aufguss und nicht von einem äth.salbeiöl. und saponine sind sehr wohl im salbei enthalten- natürlich nur im tee, da sehr gut wasserlöslich (auch nicht im hydrolat, da nicht wasserdampfflüchtig ). äth.öle sind ja nur in spuren im aufguss mit heisswasser enthalten und ausserdem sehr flüchtig. kann sein, das da einfach alles zusammenspielt...
oder unser lieber ölscheich hat einfach viele pflanzenteilchen in seinem salbeitee schwimmen, die sich mit dem öl zusammmen tun... :pfeifen:
ja, und ganz schnell aufbrauchen ist auf jeden fall wichtig, harald !

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

Ich war auch unpräzise. :-) Mein Augenmerk galt vor allem der Frage im Threadtitel; meine Abbildung zeigt ein Centella-Glycerit mit seinen Triterpensaponinen. Saponine sind tensidisch, und so kann ich die Frage nur mit »ja« beantworten.

Den Salbei habe ich mehr oder weniger ignoriert. :pfeifen:
Liebe Grüße
Heike

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pflanzenölscheich
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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Heike hat geschrieben:Ich war auch unpräzise. :-) Mein Augenmerk galt vor allem der Frage im Threadtitel; meine Abbildung zeigt ein Centella-Glycerit mit seinen Triterpensaponinen. Saponine sind tensidisch, und so kann ich die Frage nur mit »ja« beantworten.

Den Salbei habe ich mehr oder weniger ignoriert. :pfeifen:
Vielen Dank, liebe Heike, für die Mühe der Erklärung und auch der Abbildung! Dann lag ich mit meiner Vermutung ja gar nicht weit daneben. *freu*
Apropos: Im Verzeichnis der hier in der Rührküche gebräuchlichen Abkürzung fehlt eine: HEIKE (Hilfreich Erklärende Interaktive KosmetikEnzyklopädie :wink: ). Aber im Ernst: Hut ab vor Deinem umfassenden Faktenwissen! :) :) :)

Lieb grüßt und winkt
Harald - von dem es heute am Küchentresen noch etwas zum Kichern geben wird :D

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pflanzenölscheich
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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Wenn pflanzliche Auszüge nun selbst schon etwas emulgierend wirken, muss dieser Umstand bei der Dosierung weiterer Emulgatoren berücksichtigt werden? :gruebel:

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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Wenn wir schon von "enzyklopädisch" sprechen: Danke, Anette und Vrana! :) :) :)
vrana hat geschrieben:
anette hat geschrieben:Hmmm, den Alchemisten ist Salbei ist weniger für Saponine als für ätherische Öle, Gerbstoffe und Bitterstoffe bekannt.
ja, aber wir reden hier von einem aufguss und nicht von einem äth.salbeiöl. und saponine sind sehr wohl im salbei enthalten- natürlich nur im tee, da sehr gut wasserlöslich (auch nicht im hydrolat, da nicht wasserdampfflüchtig ). äth.öle sind ja nur in spuren im aufguss mit heisswasser enthalten und ausserdem sehr flüchtig. kann sein, das da einfach alles zusammenspielt...
oder unser lieber ölscheich hat einfach viele pflanzenteilchen in seinem salbeitee schwimmen, die sich mit dem öl zusammmen tun... :pfeifen:
ja, und ganz schnell aufbrauchen ist auf jeden fall wichtig, harald !
@Anette: Den austrocknenden Effekt des reinen Aufgusses kenne ich, aber in Mischungen mit Öl (derzeit Avocado-, Jojoba- und ein bisschen Mandel-) macht er sich bei mir bis dato nicht unangenehm bemerkbar. Die Haut ist geschmeidig, wirkt satt, und die dank Neurodermitis + Kälte aufgesprungenen Stellen heilen langsam aber stetig ab. Trotzdem natürlich danke für den wichtigen Hinweis, denn darauf muss ich umso genauer achten, wenn es wirklich einmal um ganz schlimme Trockenheit geht, die ich damit natürlich nicht noch zusätzlich verstärken will.

@Vrana: Der Aufguss ist vollständig abgesiehen und sollte daher keine Pflanzenteile mehr enthalten. Bezüglich des Aufbrauchens: Ich gelobe! :engel:

Feinen Dank für all die Hinweise schreibt und grüßt
Harald
:happy:

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Ungelesener Beitrag von Heike »

pflanzenölscheich hat geschrieben:Wenn pflanzliche Auszüge nun selbst schon etwas emulgierend wirken, muss dieser Umstand bei der Dosierung weiterer Emulgatoren berücksichtigt werden? :gruebel:
Die Emulgatorwirkung ist zu gering, um spürbar zu stabilisieren. Selbst wenn ich mit 15 % Tinktur auf Wasserphase konserviere, ist der Gesamtgehalt an Saponinen nicht ausreichend. :-)
Liebe Grüße
Heike

anette

Ungelesener Beitrag von anette »

enzyklopädisch wissenschaftlich pharmazeutisch-biologisch zitiere ich jetzt Max Wichtl "Teedrogen und Phytopharmaka - ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage", 4. Auflage, zum Thema Salvia officinalis:

Inhaltsstoffe: 1-2,5% ätherisches Öl (nach Ph.Eur. mind. 1,5% [Ganzdroge] bzw. mind. 1% [geschnittene Droge], das vorwiegend aus Monoterpenen besteht; seine Zusammensetzung entspricht etwa 35 - 60% Thujon (Gemisch aus (-)alpha-Thujon und (+)beta-Thujon, meist überwiedend die alpha-Form), 20-35% Campher (in Droge aus Dalmatien meist geringer als der Thujon-Anteil, in Droge aus Albanien oft höher als der Thujon-Anteil), 1-15% Cineol, ferner Borneol, Bornylacetat u.a.; ca. 6-15% Sesquiterpene, darunter Viridiflorol, Caryophyllen u.a.. Die Komponenten des ätherischen Öls liegen z.T. als Glykoside vor(sind also wasserlöslich)2-6% Labiatengerbstoffe, Hauptbestandteil ist Rosmarinsäure. Diterpenoide, Bitterstoffe wie Carneol (=Pikrosalvin, entsteht beim Trocknen und Lagern aus Carnosolsäure), Rosmanol, Isorosmanol, Safficinolid u.a.. 1-3% Flavonoide, Luteolin- und Apigeninderivate sowie Glycosylflavone wie Vincenin-2 u.a.. Die antioxidativ wirkenden Komponenten der Salbeiblätter sind Phenylglykoside wie Caffeoyl-fructosylglykosid, Caffeoyl-apiosylglucosid u.a.. Triterpene.

Pharmazeutisch biologisch betrachtet, sind die benannten Inhaltsstoffe nicht als Saponine klassifiziert, auch wenn es sich z.T. um Glykoside handelt, wobei nicht auszuschließen ist, dass die zuletzt genannten Triterpene Saponine bilden könnten. Ob diese Mengen allerdings relevant wären? Ich glaube nicht. Wichtl, Frohne, Czygan und Co. wäre das nicht entgangen.

Liebe Grüße,
Anette

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

Interessehalber habe ich auch nachgeschaut, zugegebenermaßen nur online. Dort finde ich einige Quellen, die ich als seriös betrachte (diese hier; es gibt aber auch andere); alle führen beim Salbei Saponine auf. Für mich ist dieses Detail nicht so wichtig (ich habe die Frage ja mit einem anderen Schwerpunkt beantwortet) ;-) aber prinzipiell würde ich immer mehrere Quellen zu Rate ziehen; eine Online-Suche bringt oft zumindest Anhaltspunkte oder Ressourcen, bei denen es sich gezielter zu recherchieren lohnt.

Vermutlich werden die Saponine nicht regelmäßig aufgeführt, weil Salbei primär eine Ätherisch-Öl-Droge und keine typische Saponin-Droge darstellt. Ich kann mir aber vorstellen, dass die von Harald beobachteten Phänomene hier eine Ursache haben könnten … wir werden es nicht abschließend klären können.

Der Salbei hat meine Erkältung »zwischen den Jahren« sehr gut begleitet; ich liebe das Hydrolat (leider hatte ich diesen Sommer zu wenig davon). :-) Diesen Sommer werde ich vorsorgen und zwei Sträucher hegen.
Liebe Grüße
Heike

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anette hat geschrieben:Pharmazeutisch biologisch betrachtet, sind die benannten Inhaltsstoffe nicht als Saponine klassifiziert, auch wenn es sich z.T. um Glykoside handelt, wobei nicht auszuschließen ist, dass die zuletzt genannten Triterpene Saponine bilden könnten. Ob diese Mengen allerdings relevant wären? Ich glaube nicht. Wichtl, Frohne, Czygan und Co. wäre das nicht entgangen.
Hm, meine gedankliche Emulsion aus Beobachtung und Erklärung trennt sich soeben, weil Anette aus ihr den Theoriebildner extrahiert hat. :lach:
Warum sich das Öl im Salbeiaufguss aber so anders verhielt als in klarem Wasser, wenn eben doch keine Saponine beteiligt waren? :gruebel:

Danke jedenfalls, Anette, für die wissenschaftlichen Daten zum Salbei! :)

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Heike hat geschrieben:Der Salbei hat meine Erkältung »zwischen den Jahren« sehr gut begleitet; ich liebe das Hydrolat (leider hatte ich diesen Sommer zu wenig davon). :-) Diesen Sommer werde ich vorsorgen und zwei Sträucher hegen.
Bei Erkältung sowie Entzündungen in Mund und Rachen ist Salbei ein prächtiger Helfer, wie ich selbst erproben durfte. :)

Ich danke Euch für die Zeit, die Ihr aufgewendet habt, um eine neugierige Nase wie mich mit Antworten zu versorgen. :-*

Fröhlich grüßt und dankt
Harald

anette

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pflanzenölscheich hat geschrieben: Hm, meine gedankliche Emulsion aus Beobachtung und Erklärung trennt sich soeben, weil Anette aus ihr den Theoriebildner extrahiert hat. :lach: ...
Warum sich das Öl im Salbeiaufguss aber so anders verhielt als in klarem Wasser, wenn eben doch keine Saponine beteiligt waren? :gruebel:
Verehrter Herr Scheich,

Sie können Ihre Emulsion wieder stabilisieren, wenn Sie anerkennen können, dass nicht nur Saponine, sondern auch andere Glykoside oberflächenaktiv sind, auch wenn sie nicht wie die Saponine beim Teeaufguß sichtbar schäumen. Grundsätzlich ändert jeglicher Zusatz die Oberflächenspannung reinen Wassers.

Erlaubt mir an dieser Stelle den Hinweis auf die Duftbotschaft von Salvia officinalis, auch als herba sacra bekannt, die bei Räucherungen zum Tragen kommt und genutzt wird, die da lautet:

Unbill gilt es abzuschirmen, damit Ruhe und Frieden einkehren können - Gesundheit, Kraft und langes Leben!

In diesem Sinne, untertänigst,
Anette

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