Fermentierte Öle - nonsense oder interessant?
Moderator: Heike
Fermentierte Öle - nonsense oder interessant?
Guten Abend,
meine Nichte hat mich gefragt, ob fermentiertes Öl Sinn macht. Ich habe dies noch nie gehört und wollte nun gerne bei Euch nachfragen, ob jemand etwas dazu sagen kann?
"Pseudozyma Epicola/Argania Spinosa Kernel Oil Ferment Filtrate - Durch Hefe fermentiertes Arganöl und andere fermentierte Pflanzenöle" z.B. hier in den INCIS zu finden Produkt
Danke schonmal
meine Nichte hat mich gefragt, ob fermentiertes Öl Sinn macht. Ich habe dies noch nie gehört und wollte nun gerne bei Euch nachfragen, ob jemand etwas dazu sagen kann?
"Pseudozyma Epicola/Argania Spinosa Kernel Oil Ferment Filtrate - Durch Hefe fermentiertes Arganöl und andere fermentierte Pflanzenöle" z.B. hier in den INCIS zu finden Produkt
Danke schonmal
Herzliche Grüße
Lavande
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- Nine
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mMn nein
Liebe Lavande,
erstmal danke für die interessante Fragestellung! Wie ich so bin, nehme ich Dinge ja immer erstmal wörtlich - gucke mir also das von dir verlinkte Produkt an und finde dort tatsächlich "fermentiertes Öl" (nicht nur Arganöl, auch Oliven,- Sonnenblumen- und Mandelöl). Mein nächster Gedanke: Es gibt quasi keine Mikroorganismen (Hefen, Bakterien, Pilze), die (organische) Öle als Kohlenstoffquelle benutzen können, sie sind bestenfalls tolerabel in sehr kleinen Konzentrationen. Dann (nach etwas Recherche): Da wird gar kein Öl fermentiert ... (gleich mehr dazu).
Und hier kommt dann der Punkt, wo ich so ein inneres Widerstreben spüre, nämlich dass ich hier durch aggressives Marketing von etwas überzeugt werden soll, wo aber der eigentliche Sachverhalt verschleiert wird. Offenbar ist das ein Trend aus Asien (nicht das Verschleiern jetzt, das Fermentieren ), na, denke ich: wer Lebensmittel wie Kimchi u.a. liebt, will sich das natürlich auch auf die Haut schmieren (sorry für den Kalauer: Könnte man natürlich mit Sauerkraut und Co. genauso argumentieren )
Es geht also ganz offenbar um den Trend, wenn nicht Hype, der gerade fermentierte Lebensmittel umschwebt, und, hey! da muss man doch auch was Kosmetisches draus machen können!
Nun zur eigentlichen "Ölfermentation": Hier wird nicht das Arganöl (oder Olivenöl etc.) fermentiert! Stattdessen werden die Früchte oder Beeren direkt nach der Ernte fermentiert, aka: einfach vergammeln lassen ). Tatsächlich sind ja diese Konservierungsverfahren wie z.b. beim Sauerkraut eine Folge der Milchsäure-Vergärung, die sicher historisch mal zufällig entstanden ist. Der kluge Mensch wusste dann, das Ergebnis zu schätzen und entwickelte Verfahren der "gezielten Vergammelung"
Wenn nun bei dem Produkt ein Inhaltsstoff names "Fermentations-Filtrat" angegeben wird, stellt sich mir das wie folgt dar: Die Arganbeeren (oder eben Oliven etc.) werden fermentiert (vielleicht einfach nur warm abgelagert) und nach einiger Zeit wird dann das Gemisch aus vergorenen Früchten und der sog. Kulturbrühe filtriert (wie wenn man Sauerkrautsaft abpressen würde ). Das eigentliche Öl sitzt ja in den Samen der Arganfrucht, ich vermute, dass dieses mit den anderen Feststoffen zusammen im Filterkuchen zurückbleibt.
Ich behaupte: Da ist gar kein Arganöl drin in dem, was sich fermentiertes Arganöl nennt ... Kosmetischer Nutzen? Wie bei allen Fermentationsbrühen sind Vitamine, Mineralien und Nährstoffe enthalten, aber mit Sicherheit gnadenlos in der Wirkung überschätzt
Grüessli Nine
Super, liebste Nine, ganz herzlichen Dank für Deine weitere Recherche und Einschätzung.
Ich dachte spontan auch: wenn man irgendwelche probiotischen Wirkstoffe nehmen möchte, tut es auch Inulin oä...
Das werde ich gleich mal meiner Nichte berichten!
Big hug
Herzliche Grüße
Lavande
Lavande
Fermentierte Rohstoffe für kosmetische Anwendungen kannte ich noch nicht. Deswegen habe mich mal umgesehen. Ursprung des Trends soll Südkorea sein. Link Die Herstellung von fermentiertem Arganöl wird hier ganz gut beschrieben. Interessant finde ich, dass es auch eine ganze Reihe fermentierter Extrakte gibt. Link Die Frage ist natürlich, wie groß der Mehrwert fermentierter gegenüber "normalen" Rohstoffen ist. Die Beschaffung wäre ein weiterer Punkt.
Herzliche Grüße
Mathew
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- Fidibus
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Liebe Lavande ,
für mich ist das auch neu.
Mein erster Gedanke war: Was für die Darmflora von nutzen ist, darüber freut sich vielleicht auch die Hautflora.
Aber nein, spätestens bei der Konservierung gehen die "Fermentierer" flöten. Übrig bleiben die gewonnenen Vitamine.
Hmmm...., ist das alles? Oder habe ich was übersehen?
Lieben Gruß von Fidibus
für mich ist das auch neu.
Mein erster Gedanke war: Was für die Darmflora von nutzen ist, darüber freut sich vielleicht auch die Hautflora.
Aber nein, spätestens bei der Konservierung gehen die "Fermentierer" flöten. Übrig bleiben die gewonnenen Vitamine.
Hmmm...., ist das alles? Oder habe ich was übersehen?
Lieben Gruß von Fidibus
Danke Mathew , sehr interessante Seite die polnische - was es nicht alles gibt , schade dass es kein Shop für Kleinmengen ist, die hätten nämlich auch Sonnenblumenlecithin
Interessant auch der Artikel von Dr. Lautenschläger:Wirkstofftrends
Liebe Grüße und noch einen schönen Tag :-)
Helga
Helga
Lieber Mathew, liebe Fidibus und Helga,
danke auch euch für eure Links bzw. Gedanken dazu!
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Herzliche Grüße
Lavande
Lavande
Liebe Lavande, meine Gedanken zu Mikrobiom der Haut - ich stehe absolut positiv dazu . Bis jetzt haben wir uns hier damit beschäftigt, das hauteigene zu bewahren, zu erhalten und nicht zu stören, was an sich ja schon sehr gut ist .
Liebe Grüße und noch einen schönen Tag :-)
Helga
Helga
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Also ich hab ja so meine Zweifel.
Es ist kaum etwas über die Herstellungsweise zu erfahren, das macht mich schon skeptisch.
Die eine schreiben, die Hefen ernährten sich von den in den Ölen enthaltenen Kohlenhydraten.
Die anderen schreiben, die Hefen zerlegten die Ölsäuren:
“Fermentation helps break down oil into smaller molecules, which makes it more easily absorbed than non-fermented oils,”
Manchmal sind es auch Milchsäurebakterien.
Nun ernähren sich aber Hefen und Milchsäurebakterien ausschließlich von Kohlenhydraten und furzen dabei CO2. Ein Vorgang, der in vielen Artikeln als jahrtausendealte Lebensmitteltechnik ausführlich besungen wird, obwohl das mit fermentiertem Öl in Kosmetik einfach mal null zu tun hat. Oft kommt dann noch Geschwurbel darüber, wie gesund doch Probiotika seien - also lebende Mikroorganismen, die man ißt.
Themaverfehlung, sechs, setzen.
Die Texte behaupten, daß das Öl durch die Fermentation irgendwie besser werde, aber ich habe noch keinen gefunden, der darauf eingeht, warum. Wir kaufen uns teure Öle mit möglichst langkettigen ungesättigten Fettsäuren, und dann sollen aber kurzkettige Spaltprodukte besser sein?
Und warum fermentieren die Speiseöle in meiner Gewürzschublade nicht spontan? Hefen und Milchsärebakterien sind doch überall und besiedeln alles, was nicht bei 3 auf dem Baum ist.
Viele Fragen, bisher keine Antworten.
Hier habe ich etwas gefunden, das zumindest den Anschein erweckt, sich wissenschaftlich mit dem Thema zu befassen, aber ich habe gerade nicht den Nerv, mehr zu lesen als das Abstract. Jedefalls entnehme ich diesem, daß das Verfahren der Ölfermentierung patentiert sei. Es gibt offenbar eine Firma, die profitiert, wenn das Zeug gehypt wird. Und die sich natürlich nicht in die Karten schauen läßt. Muß gleich mal nachschauen, wer die hier verlinkte Studie finanziert hat...
Kein Wunder also, daß man nicht genaues erfährt.
Kein Wunder, daß die oben angeführten Artikel themaverfehlend rumschwurbeln: Sie kaschieren verzeifelt, daß sie nichts wissen.
Mein Fazit: Marketing.
Es ist kaum etwas über die Herstellungsweise zu erfahren, das macht mich schon skeptisch.
Die eine schreiben, die Hefen ernährten sich von den in den Ölen enthaltenen Kohlenhydraten.
Die anderen schreiben, die Hefen zerlegten die Ölsäuren:
“Fermentation helps break down oil into smaller molecules, which makes it more easily absorbed than non-fermented oils,”
Manchmal sind es auch Milchsäurebakterien.
Nun ernähren sich aber Hefen und Milchsäurebakterien ausschließlich von Kohlenhydraten und furzen dabei CO2. Ein Vorgang, der in vielen Artikeln als jahrtausendealte Lebensmitteltechnik ausführlich besungen wird, obwohl das mit fermentiertem Öl in Kosmetik einfach mal null zu tun hat. Oft kommt dann noch Geschwurbel darüber, wie gesund doch Probiotika seien - also lebende Mikroorganismen, die man ißt.
Themaverfehlung, sechs, setzen.
Die Texte behaupten, daß das Öl durch die Fermentation irgendwie besser werde, aber ich habe noch keinen gefunden, der darauf eingeht, warum. Wir kaufen uns teure Öle mit möglichst langkettigen ungesättigten Fettsäuren, und dann sollen aber kurzkettige Spaltprodukte besser sein?
Und warum fermentieren die Speiseöle in meiner Gewürzschublade nicht spontan? Hefen und Milchsärebakterien sind doch überall und besiedeln alles, was nicht bei 3 auf dem Baum ist.
Viele Fragen, bisher keine Antworten.
Hier habe ich etwas gefunden, das zumindest den Anschein erweckt, sich wissenschaftlich mit dem Thema zu befassen, aber ich habe gerade nicht den Nerv, mehr zu lesen als das Abstract. Jedefalls entnehme ich diesem, daß das Verfahren der Ölfermentierung patentiert sei. Es gibt offenbar eine Firma, die profitiert, wenn das Zeug gehypt wird. Und die sich natürlich nicht in die Karten schauen läßt. Muß gleich mal nachschauen, wer die hier verlinkte Studie finanziert hat...
Kein Wunder also, daß man nicht genaues erfährt.
Kein Wunder, daß die oben angeführten Artikel themaverfehlend rumschwurbeln: Sie kaschieren verzeifelt, daß sie nichts wissen.
Mein Fazit: Marketing.
- Heike
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Ich auch. Und zwar bezogen auf genau das, was Du schreibst: Fermentiert werden Kohlenhydrate, nicht Fette. Bei Vorhandensein von Wasser können Öle leichter hydrolisieren, das stimmt, und das führt zu freien Fettsäuren – exakt das, was den FFA-Wert hochtreibt und ein Öl altern lässt. Kleinere Moleküle … ja, ja …
Liebe Grüße
Heike
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- Rohstoffqueen
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Ah, Wasser! Daran hatte ich ja noch gar nicht gedacht! Dabei arbeiten Hefen nur in Gegenwart von Wasser.
Trockenes Mehl kann monatelang im Schrank stehen, da passiert nix.
Mehl mit Wasser vermischt einfach mal rumstehen lassen: Zack, Sauerteig!
Wieviel Wasser ist in Öl?
Trockenes Mehl kann monatelang im Schrank stehen, da passiert nix.
Mehl mit Wasser vermischt einfach mal rumstehen lassen: Zack, Sauerteig!
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- Heike
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Ein wichtiger Aspekt guter Qualität: Möglichst wenig – sonst altert das Öl und entwickelt z. B. einen modrigen Geschmack. Das passiert z. B., wenn man das Öl nach dem Pressen zu lange auf dem Trub stehen lässt, also auf den organischen Feinstpartikeln (die aus winzigen Partikeln von Kernen, Beerenhäuten usw. bestehen und naturgemäß auch Kohlenhydrate und Restwasser enthalten).
Bei qualitativ hochwertigem Traubenkernöl wird früh - direkt nach dem Sedimentieren – dekantiert und gefiltert, damit das Öl frisch und »hellgrün« schmeckt.
Auch bei Sheabutter ist ein geringer Restfeuchtegehalt extrem wichtig für Qualität und Haltbarkeit. Hier ist ein interessanter Artikel, den wir 2008 hier im Forum diskutiert haben.
Liebe Grüße
Heike
Heike
Liebe Monacensia, liebe Heike,Heike hat geschrieben: ↑Sonntag, 11. Februar 2024, 16:28Ein wichtiger Aspekt guter Qualität: Möglichst wenig .... Hier ist ein interessanter Artikel, den wir 2008 hier im Forum diskutiert haben.
Vielen herzlichen Dank ! Mein erster Gedanke war zwar auch "wie soll das denn gehen??" aber ich habe da kein fundiertes Wissen als Hintergrund und bin deshalb wirklich -wieder mal!- sehr beeindruckt von eurer Expertise.
Der verlinkte Artikel über Sheabutter ist sehr interessant, das ist wirklich wichtig zu wissen! Gut, dass Du ihn hier nochmal "ausgegraben" hast, denn er ist ja nach wie vor aktuell.
Herzliche Grüße
Lavande
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@all
Ich bin so frei, mich nochmal selber von oben zu zitieren:
Grüessli Nine
Ich bin so frei, mich nochmal selber von oben zu zitieren:
Bin bin also (mal wieder )ganz auf der Linie von Heike und monacenciaNine hat geschrieben: ↑Samstag, 10. Februar 2024, 10:26...
Hier wird nicht das Arganöl (oder Olivenöl etc.) fermentiert! Stattdessen werden die Früchte oder Beeren direkt nach der Ernte fermentiert, aka: einfach vergammeln lassen ). ... nach einiger Zeit wird dann das Gemisch aus vergorenen Früchten und der sog. Kulturbrühe filtriert (wie wenn man Sauerkrautsaft abpressen würde ). ...
Ich behaupte: Da ist gar kein Arganöl drin in dem, was sich fermentiertes Arganöl nennt ... Kosmetischer Nutzen? Wie bei allen Fermentationsbrühen sind Vitamine, Mineralien und Nährstoffe enthalten, aber mit Sicherheit gnadenlos in der Wirkung überschätzt
Grüessli Nine
Absolut! Und nicht nur das, liebe Nine:
ich habe Deine Erklärung und Expertise meiner Nichte weitergeleitet und sie war "mega beeindruckt" (sie ist eher selten beeindruckt) und dankt Dir für die ausführliche Erklärung!
Herzliche Grüße
Lavande
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Das ist lieb von dir, daß du offenbar nicht nur Heike, sondern auch mir Expertise unterstellst.
Aber das wäre stark übertrieben. Mindestens.
Ich habe mich nur ein bißchen mehr mit dem Stoffwechsel von Hefen und Milchsäurebakterien befaßt als schätzungsweise 80% der Insassen eines beliebigen Linienbusses zur Stoßzeit. So viel wie man braucht, um erfolgreich Sauerkraut anzusetzen und mit Hefe- und Sauerteig zu backen und zu verstehen, warum man was wie macht oder nicht machen sollte.
Der Rest ist logische Schlußfolgerung.
Jaja, Skeptiker unter sich.
Auch wenn ich nicht glaube, daß fermentierte Öle so hergestellt werden, wie du es beschrieben hast.
Ich habe inzwischen die Webseite der Firma gefunden, auf deren Patent das Ganze anscheinend zurückgeht: Ein koreanischer Biotech-Laden namens Labio (labio.kr), der u.a. die Produktkategorie "Fermentoil" anbietet.
Jedenfalls verfestigt sich in meinem Kopf ein Bild von einem Labor, in dem Laboranten ganz normale Hefekulturen in Öl dispergieren, das Ganze eine Weile stehenlassen, wieder abfiltern, und kichernd ob der Dummheit der VerbraucherInnen mit ordentlichem Preiaufschlag abfüllen, obwohl die Hefe in der Zwischenzeit gar nichts getan hat.
Die andere Möglichkeit, daß gentechnisch veränderte Hefen Ölsäuren futtern können, habe ich verworfen, als ich sah, daß
deren Webseiten-Verantwortliche weder ein gültiges https-Zertifikat einspielen noch "series" (im Sinne von engl. Serie) richtig schreiben können. Wenn die noch nicht mal für Qualitätskontrolle beim berühmten ersten Eindruck die Kohle übrig haben, dann reicht es auch nicht für Genforschung.
- Nine
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Ich hab das Patent mal überflogen ... jedenfalls fand ich es dann eine gute und nervenschonden Idee, das mal einem früheren Kollegen und Freund von mir, der jetzt Professor für Biotechnologie/Zellkulturtechnik ist, zu schicken ... Sobald er sich von seiner Ohnmacht erholt mir geantwortet hat, gebe ich euch Bescheid
Bussi Nine
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Ich freu mich drauf!
sehr schön, ich freu mich auch drauf!
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Lavande
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*Bescheid*
Ihr Lieben, ich kopiere hier mal rein, was ich soeben von meinem lieben Ex-Kollegen als Antwort erhalten habe. Einige Passagen habe ich farblich markiert/gefettet, um Wesentliches hervorzuheben, ich wollte selber keine Kürzungen vornehmen.
Here we go:
eure Nine
Ihr Lieben, ich kopiere hier mal rein, was ich soeben von meinem lieben Ex-Kollegen als Antwort erhalten habe. Einige Passagen habe ich farblich markiert/gefettet, um Wesentliches hervorzuheben, ich wollte selber keine Kürzungen vornehmen.
Here we go:
Eigentlich hatte ich Lust, hier mit dem zitieren schon aufzuhören Aber es wäre schade um die folgenden fundierten Ausführungen:jetzt erst mal das ad hominem Argument: Leuten, die eine Bakterie nicht von einer Hefe unterscheiden können und zudem falsch schreiben, traue ich nicht viel zu.
Und nun sein Fazit:Also die Hefe Pseudozyma war schon öfter für kommerzielle Nutzung interessant, weil sie 1) Emulgatoren ausschüttet, wenn sie mit Öl als C-Quelle gefüttert wird. Das tun alle ölabbauenden Mikroorganismen (Hefen/Bakterien) ähnlich. Irgendwie muss das Öltröpfchen „bioverfügbar“ werden – also der MO es aufnehmen können. Insofern wird mit dem zugegebenen Öl in der Kultur rein optisch schon was passieren, es würde nach und nach emulgiert werden.
2) ist die Hefe (High Production of Squalene Using a Newly Isolated Yeast-like Strain Pseudozyma sp. SD301) untersucht worden, in technisch nutzbarem Maßstab Squalene (https://de.wikipedia.org/wiki/Squalen) herzustellen. Das Zeug kommt unter den Bedingungen natürlich aus den Zellen raus und reichert sich in der Ölphase an, weshalb sich die Zusammensetzung des Öls zusätzlich ändert. (Da Squalene jede Menge Doppelbindungen enthalten, kann das bei bestimmten Untersuchungsmethoden so wirken, als ob mehr ungesättigte Öle entstanden sind. Das passiert zwangsläufig, wenn man glaubt, es nur mit einer Speiseölprobe zu tun zu haben und nicht weiß, dass da andere Verbindungen mit Kohlenstoffdoppelbindung reingemischt sind.)
Wenn man nochmal den Abstract des Patents anschaut, dann passt das schon:
The present invention relates to a fermented vegetable oil, to a method for preparing the oil, and to a composition including the oil. More particularly, the present invention relates to a technique for providing a fermented vegetable oil having the effects of enhancing emulsion stability due to water retention ability, improving texture and flavor, and enhancing moisturization.
Man könnte das Patent (Verfahren) auch so etwas klarer zusammenfassen:
1) Wenn bestimmte Hefen mit Pflanzenölen als Kohlenstoffquelle kultiviert werden, dann bilden die Hefen Hilfsstoffe (Emulgatoren), um die Öle aufnehmen zu können. Zunächst reichern sich deshalb die Emulgatoren in bzw. an der Ölphase an. Wenn man diese „Öl-Mischphase“ jetzt abtrennt und daraus eine Emulsion herstellen will, wird man bemerken, dass man weniger Emulgator benötigt. (Es sind ja schon Hefe-Emulgatoren darin enthalten.)
2) Da das hydrophile Ende des Hefe-Emulgators aus Zuckerresten besteht, wird auch die „Bindefähigkeit“ für Wasser erhöht. (Ob das merklich ist, hängt natürlich davon ab, mit welchem Emulgator man vergleicht.)
3) Ob das aus dieser Öl-Emulgatormischung hergestellte Produkt eine verbesserte Textur aufweist, dürfte subjektiv sein.
4) Der Geruch wird sich auch ändern. Letztlich wird hier en passent ein Ölauszug aus der Hefekultur hergestellt, wodurch bspw. Squalen und allerlei lipophile Bestandteile (auch abgestorbener) Hefen sich anreichern und die sind teilweise volatil.
Was ich denke:
A) Wenn man wollte, könnte man die Bioemulgatoren auch gezielt in einem Prozess herstellen. [Was ja - wie wir wissen - auch passiert, schließlich kaufen und verwenden wir die ja alle gerne! Anm. von Nine] Wäre für die Verbraucher sicherer, weil definiert. So wie es im Patent dargestellt ist, wird das zugegebene Öl schon immer „irgendwie ähnlich“ verändert. Das ist aber weit weg von definiert. Außerdem ist es so recht einfach, die Emulgatoren zu gewinnen und das wird die Hersteller interessieren.
B) Der Nutzen für Kunden ist unbewiesen. Was hier genutzt wird, ist die Aufgeschlossenheit der koreanischen Bevölkerung gegenüber wirklich fermentierten Lebensmitteln wie Kimchi (https://de.wikipedia.org/wiki/Kimchi). [Anm. v. Nine: ]
C) Womit wir beim echt kritischen Punkt wären: Das ist KEINE Fermentation, sondern eine aerobe Kultivierung. Sollten hier wirklich langkettige, ungesättigte Fettsäuren verwendet werden (z.B. Sonnenblumenöl), entstehen IMMER Fettsäureperoxide. Wie viele davon die Barriere aus toten Hautzellen durchdringt, die wir besitzen und auf lebende Hautzellen trifft, kann nicht abgeschätzt werden. Aber falls es passiert, trägt das zu Schäden im Erbgut bei. Das wird vom Phänomen jahrzehntelangem Sonnenbaden entsprechen.
(Man kann nur hoffen, dass die Hersteller Ölquellen verwenden, die hauptsächlich aus kurzkettigen, gesättigten Fettsäuren bestehen. Prof. Malz hat in seiner Vorlesung noch von den fatalen Auswirkungen der oralen Aufnahme von Fettsäureperoxiden berichtet. Kann man leicht mit Strahlenkrankheit (Übelkeit, Haarausfall, etc.) verwechseln, weil Radioaktivität u.a. genau diesen Prozess – Bildung von Fettsäureperoxiden in den Cytoplasma-Membranen – bewirkt.)
D) Die Squalene dürften harmlos sein. Kann mir nicht vorstellen, dass in der kurzen Zeit zu viele davon von den Hefen gebildet werden. Vermutlich ist das die Stoffklasse, die man riechen kann. Sie sind auch nicht besonders lange an der Luft haltbar und polymerisieren vermutlich spätestens beim Eincremen.
Viel Freude beim Erkenntnisvertiefen Mein Fazit: Das "Verklappen" dieses "Öl-Fermentes" in Kosmetika ist sicher der leichteste (wenn nicht der einzige) Weg, aus dem Patent Geld zu machen ... egal wie nützlich für den Verbraucher!Fazit: Bei Kimchi, Sauerkraut, Joghurt erhöht die Mikrobiologie die Vitaminkonzentration, Haltbarkeit, … und das ist klar bewiesen. In obigem Fall bezweifle ich stark, dass Verbraucher einen ähnlichen Nutzen haben. Hier wird nur behauptet, dass ein Rohprodukt mikrobiologisch veredelt wird. Da natürliche Öle IMMER einen Anteil an ungesättigten Fettsäuren enthalten, aus denen in diesem Verfahren entsprechende Peroxide entstehen, würde ich dringendst davon abraten, solche Produkte zu verwenden! (Darfst mich gerne zitieren.)
eure Nine
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Aaah, wir mußten nicht lange waren!
Der Exkollege kam also auch zu dem Schluß, daß da jemand auf der Fermentations-Welle zu reiten versucht. Das mit den Peroxiden ist fies, zumal in den INCI recht viele Öle mit hohen Öl- und Linolsäuregehalten vorkommen: Argan, Olive, Sonnenblume, Soja, Aprikose...
Spannend finde ich, daß es offenbar eine Hefe-Art gibt, die tatsächlich Öl verarbeiten kann.
Eigentlich dachte ich, es gäbe auch fermentierte Öle mit Saccharomyces und Lactobacillus, aber die entsprechenden Webseiten finde ich gerade nicht wieder. Vermutlich waren es jene, die ich zu Anfang gefunden hatte, wo die bekannten Arten von Fermentation (meist Milchsäure) fröhlich mit "fermentierten" Ölen in einen Topf geschmissen wurden. Da könnte mir beim Überfliegen was durcheinandergeraten sein – so wie den Autoren beim schreiben.
Der Exkollege kam also auch zu dem Schluß, daß da jemand auf der Fermentations-Welle zu reiten versucht. Das mit den Peroxiden ist fies, zumal in den INCI recht viele Öle mit hohen Öl- und Linolsäuregehalten vorkommen: Argan, Olive, Sonnenblume, Soja, Aprikose...
Spannend finde ich, daß es offenbar eine Hefe-Art gibt, die tatsächlich Öl verarbeiten kann.
Eigentlich dachte ich, es gäbe auch fermentierte Öle mit Saccharomyces und Lactobacillus, aber die entsprechenden Webseiten finde ich gerade nicht wieder. Vermutlich waren es jene, die ich zu Anfang gefunden hatte, wo die bekannten Arten von Fermentation (meist Milchsäure) fröhlich mit "fermentierten" Ölen in einen Topf geschmissen wurden. Da könnte mir beim Überfliegen was durcheinandergeraten sein – so wie den Autoren beim schreiben.
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Absolut, liebe Monacencia!monacensia hat geschrieben: ↑Dienstag, 13. Februar 2024, 13:59Aaah, wir mußten nicht lange waren!
Der Exkollege kam also auch zu dem Schluß, daß da jemand auf der Fermentations-Welle zu reiten versucht. Das mit den Peroxiden ist fies, zumal in den INCI recht viele Öle mit hohen Öl- und Linolsäuregehalten vorkommen: Argan, Olive, Sonnenblume, Soja, Aprikose...
...
Ich hatte dies meinem Kollegen zur Bestätigung auch gleich noch gemailt, nämlich dass die betreffenden Öle in der Regel mindestens zu drei Vierteln aus ein- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren bestehen; das Sojaöl z. B. enthält rd. 10 % der sehr schönen - weil dreifach ungesättigten - alpha-Linolensäure ...
Grüessli Nine
C) Womit wir beim echt kritischen Punkt wären: Das ist KEINE Fermentation, sondern eine aerobe Kultivierung. Sollten hier wirklich langkettige, ungesättigte Fettsäuren verwendet werden (z.B. Sonnenblumenöl), entstehen IMMER Fettsäureperoxide. Wie viele davon die Barriere aus toten Hautzellen durchdringt, die wir besitzen und auf lebende Hautzellen trifft, kann nicht abgeschätzt werden. Aber falls es passiert, trägt das zu Schäden im Erbgut bei. Das wird vom Phänomen jahrzehntelangem Sonnenbaden entsprechen.
(Man kann nur hoffen, dass die Hersteller Ölquellen verwenden, die hauptsächlich aus kurzkettigen, gesättigten Fettsäuren bestehen. Prof. Malz hat in seiner Vorlesung noch von den fatalen Auswirkungen der oralen Aufnahme von Fettsäureperoxiden berichtet. Kann man leicht mit Strahlenkrankheit (Übelkeit, Haarausfall, etc.) verwechseln, weil Radioaktivität u.a. genau diesen Prozess – Bildung von Fettsäureperoxiden in den Cytoplasma-Membranen – bewirkt.)
Nine, danke
Liebe Grüße und noch einen schönen Tag :-)
Helga
Helga
Liebe Nine,
Puh, wie wahr!
Wirklich toll, dass Du Deinen Kollegen fragen konntest und er sich so ausführlich dazu äußerte.
Das mit diesen Peroxyden ist -wie Monacensia schon schrieb- tatsächlich fies, achten wir doch hier ständig darauf, dass so wenig wie möglich Oxidation in unseren Ölmischungen stattfindet.
Herzliche Grüße
Lavande
Lavande