Vom Staunen der Pflösche - heute: Das Vanillehydrolat

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Moderator: Helga

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pflanzenölscheich
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Vom Staunen der Pflösche - heute: Das Vanillehydrolat

Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Ihr Lieben, ich möchte Euch einen erstaunlichen Verdacht beziehungsweise eine hochinteressante Zwischenerkenntnis mitteilen:

Wie das Arganöl...

In meinem Waschgel (Pflöschgel S.O.S. im Rezeptbuch) verwende ich Arganöl, um die vom Tensideinsatz entsprechend "gebannten" Hautfunktionen schleunigst wieder in Gang zu setzen, was laut Ölportrait mit der Kraft seiner Phytosterole geschieht.

... so das Vanillehydrolat

Beim Ausloten der hautrelevanten Wirkungen von Vranas Vanillehydrolat stieß ich immer wieder auf den Effekt, dass das pur aufgetragene Hydrolat die Haut irgendwie stimulierte, besser durchblutete (was man gerade an meinen Ekzemstellen durch eine stärkere Rötung erkannte, die hingegen nicht mit Juckreiz einherging) und sie auf recht unspezifisch wirkende Art zur Regeneration anregte. Aufgerissene Hornhaut wuchs schneller wieder zusammen, ohne dass die darunter immer noch sichtbare und sich in etwas zu fester sowie nicht besonders ebenmäßiger Keratinisierung mit Brennen und Juckreiz kundgebende Entzündung durch die genannte Wirkung auch nur entfernt beeinflusst worden wäre.

Vanillehydrolat, formiert sich in mir der Eindruck, belebt offensichtlich den Hautstoffwechsel. Um diesen Befund weiter zu erhärten, rührte ich mir eine kleine Tensidmischung aus der Anfangszeit meiner Waschgel-Experimente und ersetzte das damalige Arganöl durch Vranas vorzügliches Vanillehydrolat - das übrigens auch viel besser duftet. ;D

Die Mengenverhältnisse passte ich an und machte mir eine winzige Probe: 1,3 Gramm Kokosbetain (30% WAS) plus 4,3 Gramm Hydrolat. Wasser-basierte Tensidmischungen tun meiner Haut normalerweise gar nicht gut, aber diese war in ihrer Beeinträchtigung dem damaligen Arganöl-Waschgel mehr als vergleichbar. Das enthaltene Hydrolat regte den Selbstschutz der Haut an, der natürlich nicht völlig reichte, um tensidbedingte Schäden zu verhindern, aber die Talgproduktion setzte nach dem Waschvorgang im Fluge wieder ein. Zweimaliges Waschen unter Verwendung dieser Tensimischung mit viel Wasser (um diverse Ausschwemmungseffekte zu provozieren) nahm der Haut im Endeffekt nur etwas Elastizität und strukturelle Glätte, erzeugte aber nicht den normalerweise von wässriger Tensidverdünnung gewohnten wüstenhaft staubtrockenen Zustand, in dem sie dann gar kein Wasser mehr halten kann. Auch normalisierte sich der Zustand der Haut selbst nach dem zweiten Waschen abermals hinreichend - in einem Zeitfenster von 30 bis 40 Minuten.

Derzeitige Vermutung

Vanillehydrolat übt, will mir scheinen, eine dem Arganöl jedenfalls ebenbürtige Stimulation der Hautfunktionen aus und kann letzteres zumindest in einer Tensidmischung sinnstiftend ersetzen. Meine Theorie ist, dass man mit 65% Vanillehydrolat, 25% Tensid, 10% Glycerin und einer Prise Gelbildner ein hinreichend sanftes Wasch- und Duschgel anfertigen könnte, das den meisten Menschen aromatisch behagt und dermatologisch genügt. Eine weitere Abmilderung ließe sich nach meinen bisherigen Erkenntnissen durch 60% Vanillehydrolat, 25% Tensid, 10% Glycerin und 5% Squalan erzielen. Ein praktischer Nebeneffekt des besagten Hydrolates ist seine Eigenschaft als schwache aber deutliche Schaumbremse.

Grübelnd grüßt und legt sich nun zur Ruh'
Harald - phänomenologischer Pflösch

vrana

Ungelesener Beitrag von vrana »

pflanzenölscheich hat geschrieben:Aufgerissene Hornhaut wuchs schneller wieder zusammen, ohne dass die darunter immer noch sichtbare und sich in etwas zu fester sowie nicht besonders ebenmäßiger Keratinisierung mit Brennen und Juckreiz kundgebende Entzündung durch die genannte Wirkung auch nur entfernt beeinflusst worden wäre.
.... das ist ja sehr interessant...danke lieber pflanzenölscheich !!! eigentlich hatte ich bis jetzt angenommen, dass das vanillehydrolat einfach nur gut riecht :kicher:
ausserdem soll es aphrodisierend wirken- also pass auf, wenn du aus dem haus gehst, mit frischgewaschenen händen Bild...
pflanzenölscheich hat geschrieben:Eine weitere Abmilderung ließe sich nach meinen bisherigen Erkenntnissen durch 60% Vanillehydrolat, 25% Tensid, 10% Glycerin und 5% Squalan erzielen.
das werde ich auf jeden fall testen !! schön, dass dir das hydrolat gefällt !! das freut mich ganz besonders !!

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pflanzenölscheich
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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

vrana hat geschrieben:ausserdem soll es aphrodisierend wirken- also pass auf, wenn du aus dem haus gehst, mit frischgewaschenen händen Bild...
Auf Wikipedia heißt es dazu:
"Der Vanille werden verschiedene medizinische Wirkungen zugeschrieben. Sie soll beruhigend auf die Nerven wirken und Abgeschlagenheit bekämpfen; der spanische Arzt Francisco Hernandez de Toledo berichtete im 16. Jahrhundert, die Indianer verwendeten sie gezielt als Stärkung für ihre Gehirne. Auch allgemein kräftigende Wirkungen werden der Vanille nachgesagt. Insbesondere soll sie auch aphrodisisch wirken. In der Tat ist ihr Hauptwirkstoff Vanillin chemisch verwandt mit den menschlichen Pheromonen.
Allgemein kräftigende Wirkungen - vielleicht auch auf die Haut? :lupe:

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pflanzenölscheich
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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Ich habe mich noch ein wenig gespielt und folgendes mildes Vanillewaschgel mit rechnerischen 6,5% WAS entwickelt (Minimalprobiermenge von 9 Gramm, bitte alle Angaben entsprechend multiplizieren! :)):

2,7g Vanillehydrolat
2,5g Neutralöl
2,0g Kokosbetain 30% WAS
0,8g Glycerin
0,8g Squalan
0,2g Vitamin E
0,2g Xanthan

Man spürt ein leicht klebriges Gefühl beim Verteilen auf völlig trockener (=mit Wasser unbenetzter) Haut, was vermutlich dem Vitamin E zu verdanken ist. Sobald die Haut etwas feucht gemacht wurde, verschwindet der Effekt. Bei weniger sensiblen Hautzuständen kann Vitamin E gestrichen und die Squalanmenge um 0,2 Gramm erhöht werden. Nach dem Gebrauch duftet die Haut für ein paar Minuten subtil nach Vanille. Meine klassischen Ekzemstellen juckten nach ausgiebigem Gebrauch noch immer nicht (Gutes Zeichen!), wenngleich sie eine Spur zu trocken geworden waren. Die übrige halbwegs gesunde und durch meine Wasser-Öl-Anwendungen streichelweich gepflegte Haut litt unter mehrmaligen Waschungen mit der genannten Rezeptur nur unwesentlich, spannte kein Bisschen, ließ kein Jucken spüren und hatte sich schon nach einer Stunde wieder völlig von den Strapazen erholt.

Hinweis an potentielle Nachahmer: Xanthan wird in Glycerin vordispergiert, Neutralöl und Squalan mit dem Tensid im Wasserbad erhitzt und im heißen Zustand gut verrührt, damit sich Kokosbetain mit diesen äußerst reaktionsträgen Fetten besser verbinden kann. Vitamin E und Vanillehydrolat kommen aber erst hinzu, wenn die Mischung wieder abgekühlt ist. Haltbarkeit und Konservierung müssten für diese experimentelle Rezeptur noch eingehend geklärt werden, ehe sie zu einer praktischen Anwendung taugt.

Fazit: Vanillehydrolat ist in der Tat eine faszinierende Zutat. Mal sehen, was es noch alles kann. :lupe:

Es grüßt, frohlockt und winkt beschwingt
Harald

vrana

Ungelesener Beitrag von vrana »

danke, pflanzenölscheich für das genaue rezept ! ich werde es ausprobieren und dir dann mitteilen, wie es mir gefällt :ja:

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pflanzenölscheich
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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Gestern fiel mir beim Mischen einer Ölmischung mit Avocadoöl, welches ich ob seines Lecithingehaltes eigentlich dazu verwenden wollte, ein bisschen Vanillehydrolat zu emulgieren und solcherart in der Mischung zu binden, etwas sehr Interessantes auf. Als ich das ebenfalls in die Mischung zu bugiserende Granatapfelsamenöl, welches meines Wissens kein Lecithin enthält, in einem Becherglas eingewogen hatte und darauf das Vanillehydrolat unter der strengen Aufsicht meiner Feinwaage :kicher: dosierte, merkte ich, was ein Rütteln des Becherglases mir auf eindrucksvolle Weise bestätigte: Das Hydrolat hatte sich im immer noch oben schwimmenden Öl stabil in winzigen Bläschen eingelagert. Diesen Effekt kenne ich von Avocadoöl in viel Flüssigkeit auch. Dort emulgiert das Lecithin - was emulgiert denn hier? :lupe:

Jedenfalls ziehe ich daraus den folgenden Schluss: Vanillehydrolat hat emulgierende Eigenschaften, und es hatte anscheinend noch Emulgierkräfte übrig. Ich werde daher noch genauer prüfen, wieviel Öl es eigentlich aufnehmen kann. Spannend!
:yeah:

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pflanzenölscheich
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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

So, Ihr Lieben, nun weiß ich es genauer:

9 Gramm Macadamianussöl waren nötig, um 4,2 Gramm Vanillehydrolat vollständig zu sättigen, so dass sich selbst nach mehreren Minuten Wartezeit kein durchsichtiger Hydrolatsrest absetzte. Ehe ich die 9 Gramm Öl erreicht hatte, war dies der Fall, weil es weniger Hydrolat bedurfte, um die kleinere Ölmenge zu binden und somit ein überschussiger Rest des Hydrolats verblieb, der erst nach der weiteren Zugabe von Macadamianussöl in Aktion trat.

Die folgenden Fotos dokumentieren das Experiment. Die stets unterschiedliche Farbe des Gemischs hat ihre Ursache in den wechselnden Lichtverhältnissen und der etwas mindervorzüglichen :kicher: Kamera meines Mobiltelefons:
Bild 1
Bild 2
Bild 3

Besonders auf dem letzten Bild sieht man recht gut, wie fein, ja, fast homogen, sich die Mischung trotz niedertourigen (lies: händischen) Rührens verbunden hat. Ohne die genauen Mengen abzumessen, wiederholte ich das Experiment mit raffiniertem Rapsöl aus dem Supermarkt, das ich sonst nur zum Kochen benutze. Es war öltechnisch sozusagen die Kontrollgruppe, weil ich von diesem Öl weiß, dass es sich mit normalem Leitungswasser nicht dauerhaft verbindet, obwohl es theoretisch bis zu 0,5% Lecithin enthielte, wie ich las - was aber vermutlich nur für ein natives Rapsöl zuträfe. Mit reinem Wasser bildete es keine stabile Verbindung aus, mit Vanillehydrolat hingegen sieht man die Bläschen, durch welche das Hydrolat im Öl eingeschlossen ist:
Bild 4

Hydrolate als (Ko-)Emulgatoren - das war mir neu, aber es scheint tatsächlich zu funktionieren. Erstaunlich, dieses Vanillehydrolat! :ja:

Grübelnd grüßt und freundlich winkt
Harald - alchemistischer Pflösch und Übender emulgatorischen Staunens

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