erstes Projekt - Feuchtigkeitspflege

In diesem Unterforum erörtern wir Themen rund um die Entwicklung, Herstellung und Optimierung von Hautpflegeprodukten (inklusive Fehlersuche).

Moderator: Helga

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marie
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erstes Projekt - Feuchtigkeitspflege

Ungelesener Beitrag von marie »

Moin :)
ich bin neu hier und dachte, mein erstes Projekt könnte eine Feuchtigkeitspflege werden.
Ich bin Atopiker, Ende 50, und habe seit Kindheit eine auffällig blasse Haut (schaffs auch im Sommer nach tagelangen Wanderungen im Hochgebirge nur zu einem leisen Gelbstich).
Seit einer sehr langen Kortisonkur habe ich Probleme mit der Gesichtspflege (hatte eigentlich seit 2015 nur noch d-panthenol-Lösung (die handelsübliche, also parabenkonserviert) sowie bei dringendem Bedarf etwas Selbstbräuner bestehend aus Squalan mit Karottenöl (je zwei Tropfen) im Dauereinsatz). Der Selbstbräuner funktionniert, wofür ich dankbar bin, angenehm fühlt er sich nicht an.
Das Gesicht kann ich seit einiger Zeit wieder mit Mandelöl und frischem Grün- oder Schwarztee reinigen; vielleicht ist/wäre ein anderes Öl geeigneter (Mandelöl, Glyzerin und d-Panthenol waren must haves der elterlichen Hausapotheke, was ich beibehalten habe)?
Hab nun eine 5% d-panthenol Lösung mit Alkohol (20%) konserviert und werde mal einige Wochen beobachten, wie meine Haut sich benimmt.
Ziel wäre es, mittelfristig wieder eine etwas ausgewogenere Hautpflege zu haben (ich hatte verschiedenes an Natur- und Apothekenkosmetik ausprobiert, die Haut sah danach jedoch eher noch weniger gepflegt/entspannt aus; teilweise gabs auch allergische/atopische Reaktionen). Ich wäre dankbar für Hinweise, in welcher Reihenfolge ich neue Substanzen angehen könnte/sollte (sinnvoll schiene mir, als erstes je ein stabilisierendes und ein pflegendes Basisöl, das meiner Haut zusagt, zu finden, aber vielleicht seh ich das ja falsch ?).
Vielen Dank.
Liebe Grüße, marie

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Annika
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Ungelesener Beitrag von Annika »

Mandelöl zur Reinung ist schon passend, wenn du magst, könntest du auch Aprikosenöl ausprobieren. Von der Fettsäurezusammensetzung sind aber beide recht ähnlich (ölsäurebetont). Magst du denn grundsätzlich bei der Ölreinigung bleiben?

Wie genau äußern sich denn dein atopischer Hautzustand; Ekzeme, Rötungen, ..?

Für eine erste Feuchtigkeitspflege empfehle ich dir, bei einem Öl zu bleiben, von dem du weißt, das du es gut verträgst. Mandelöl bietet sich da an.
Normalerweise versuchen wir in unseren Cremes eine Spreitkaskade zusammenzustellen. Für den Anfang reicht aber auch erstmal ein einziges Öl aus - dann lernst du die ganzen Rührabläufe Schritt für Schritt kennen. Unter Umständen fühlt sich die Creme damit nicht optimal an, aber ein weiteres Öl ergänzen könntest du bei der zweiten Charge.

Panthenol lässt sich auch in eine Creme einbauen, normalerweise verwenden wir 1%, aber wenn deine Haut die Heilung und Entzündungshemmung therapeutisch braucht, könntest du bis zu 5% verwenden. Eventuell wird die Haptik dann etwas klebrig, aber die Wirkung sollte im Vordergrund stehen.

Glycerin ist ein schöner Hydratisierer, den kannst du für die Cremerezeptur verwenden. Alkohol zum Konservieren ist auch gut.

Hast du dich schon ein bisschen in die verschiedenen Emulgatoren eingelesen?

Grundsätzlich gilt, und bei atopischer Haut und Allergien noch viel mehr:
Immer eins nach dem anderen. Nie mehr als eine Zutat pro Charge ändern. Dafür kleine Chargen rühren, die sich schnell aufbrauchen und damit leicht testen lassen. Hochwertige selbstgerührte Creme ist sehr ergiebig, da verwendet man gar nicht viel von.
LG Annika

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marie
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Ungelesener Beitrag von marie »

Liebe Annika,

vielen Dank für Deine Anregungen, ich werde das Aprikosenkernöl auf jeden Fall ausprobieren. Ich hatte nicht vorgesehen, die Ölreinigung zu ändern, möchte sie jedoch zu einem späteren Zeitpunkt noch mit einem Waschgel ergänzen (dafür muss ich jedoch noch viel lernen und praktische Rührerfahrungen sammeln).

Ich hab immer mal wieder Ekzeme (im Gesicht sind die Augenlider betroffen).

Ich dachte, fürs Erste mit Lysolecithin zu arbeiten. Mir scheint, Lysolecithin ist ein anfängerfreundlicher Emulgator und auch der HLB Wert scheint interessant (nicht ausgeprägt O/W). Bei W/O Emulsionen (deren Konsistenz würde mir an und für sich besser gefallen) scheint mir das Risiko, dass sich bei meinen ersten Rührversuchen mit pflanzlichen Komponenten viele Luftblasen bilden und in der Emulsion verbleiben könnten, recht hoch.

Zur Spreitkaskade habe ich eine Frage: weshalb gilt Jojobaöl als mittelspreitend (ich kenn das Öl noch nicht; verhält es sich anders (Kriechverhalten) wie seine Hauptbestandteile (Gadoleinsäure (C20) und Erucasäure (C22) vermuten ließen ?) ?

Ja, fürs erste werde ich möglichst kleine Chargen rühren (muss sie jedoch etwas größer planen wie ursprünglich gedacht, da ich derzeit über keinen für Kleinchargen geeigneten Rührer verfüge).

Vielen Dank.
Liebe Grüße, marie

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Helga
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Ungelesener Beitrag von Helga »

Marie hat geschrieben: Ich wäre dankbar für Hinweise
Liebe Marie,
ich schreibe hier damit Du nicht glaubst, es interessiert sich niemand :) Leider kann ich Dir keine Hilfestellung geben, weil ich keine Erfahrung mit Deinem Hautzustand habe und auch ein wenig Scheu, dass sich ein Rat als falsch erweist, Deine Haut würde ja sofort reagieren :) Ich lese hier jedoch interessiert mit :) Alles Gute :)
Liebe Grüße und noch einen schönen Tag :-)

Helga

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Vivi
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Ungelesener Beitrag von Vivi »

Liebe Marie,

Meine Haut ist auch sehr empfindlich und reagiert auch allergisch mit Ausschlag auf einige Stoffe.
Bei normaler Kaufkosmetik blieb sie oft zu trocken, hat gespannt, war manchmal gerötet. Bei Naturkosmetik gingen nur Cremes ohne Parfüm, also ohne ätherische Öle und auch ohne (für mich) allergene Öle.
Da blieb dann irgendwann fast nichts anderes übrig als Selbstrühren.

Lysolecithin klingt auch für mich interessant und sinnvoll, ich habe es nur bisher noch nicht ausprobiert. Ich benutze bisher vor allem Olivem1000, hab wenig mit Emulgatoren experimentiert. Dafür mehr mit verschiedenen Fettphasen, Wirkstoffen und Ölen. Ich denke, Du hast eine sinnvolle Wahl getroffen und kannst mal versuchen, ob Dir das im Gesicht zusagt. Wenn nicht, kannst Du immernoch einen anderen Emulgator probieren.

Meine persönliche Vorgehensweise für meine atopische Haut:
Nur dann kaltgepresste Pflanzenöle nehmen, wenn ich auf die jeweilige Pflanze nicht allergisch bin (da bekam ich schon Ausschlag). Sogar bei raffiniertem Erdnussöl hat meine Haut (wenn auch leicht) reagiert.
Also da denke ich, lieber Vorsicht als Nachsicht.
Generell gut verträgliche (sozusagen hypoallergene) Öle, die ich sehr gerne nutze:
Jojobaöl (stabiles Basisöl), Reiskeimöl (ausgewogener Anteil an Öl- und Linolsäure, enthält auch Gamma-Oryzanol), Sonnenblumenöl (viel Linolsäure), Olivenöl (viel Ölsäure), Squalan (als verträglicher Hochspreiter), raffinierte Sheabutter (auf die unraffinierte können manche allergisch reagieren), Cranberrysamenöl (als regenerierendes und antioxidatives Wirkstofföl für die Nacht mit Alpha-Linolensäure). Bei atopischer Haut wird auch immer Nachtkerzenöl als Wirkstofföl empfohlen wegen der Gamma-Linolensäure. (Außerdem liebe ich auch Wildrosenöl, aber darauf reagieren viele mit Rötungen).

Empfehlen würde ich Dir also für den Anfang eine Emulsion (mit Lysolecithin wenn Du magst), drei bis vier ausgesuchten, verträglichen Ölen (meine Wahl wäre Jojobaöl, Reiskeimöl, Squalan und Sheabutter). Als Wirkstoffe würde ich hautidentische und reizarme Stoffe empfehlen:
D-Panthenol (wie Du ja auch gerne magst, 2% auf jeden Fall), Natriumlaktat (1,6%) mit Milchsäure (so dass der pH am Ende zwischen 5 und 5,4 rauskommt und auch dort bleibt wegen dem Puffer, den die beiden zusammen bilden), und Glycerin (2%). Das müsste für den Anfang schon reichen, und dann kannst Du versuchen, ob Deiner Haut etwas fehlt, also vielleicht zu viel oder zu wenig Fett enthalten ist, oder ob es noch an Wirkstoffen fehlt. Von diesem einfachen Basisrezept aus würde ich dann jedes Mal nur einen einzigen Faktor verändern, also entweder einen Wirkstoff dazunehmen, oder ein Öl). So lässt sich einfach ermitteln, ob ein Inhaltsstoff besonders gut tut oder nicht.
Weniger ist mehr, gerade am Anfang.
Mir hilft es auch, alles erstmal an einer kleinen Stelle am Unterarm zu testen, bevor es ins Gesicht kommt, so fühle ich mich sicherer.
Ich hoffe, Dir hilft etwas von meinen bisherigen Erfahrungen.
Mit der Zeit kannst Du bestimmt eine Emulsion finden, die Deine haut beruhigt und unterstützt.
Viel Glück und Freude dabei.

Liebe Grüße,

Vivi

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marie
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Ungelesener Beitrag von marie »

Liebe Helga,
vielen lieben Dank für Deine freundlichen Worte und guten Wünsche :)


Liebe Vivi,
vielen lieben Dank, dass Du mir von Deinen Erfahrungen berichtet hast. Damit hast Du mir sehr geholfen. Ich hab nun beide Emulgatoren bestellt, Olivem 1000 ist sicher ein nützlicher Emulgator (und ich kann ihn in einem andern Rezept, das ich nachrühren möchte, auch verwenden). Jojobaöl sowie Sheabutter sind auch bestellt; ich werde die einzelnen Zutaten auf jeden Fall während einiger Tage erst an Unterarm und dann an Hand und Gesicht testen. Das Reiskeimöl hoffe ich im örtlichen Handel zu finden. Das Öl hat ja sehr viele interessante Eigenschaften. Hoffe sehr, meine Haut möge dieses Öl.
Die Wirkstoffkonzentrationen werde ich so übernehmen, wie Du vorgeschlagen hast und die wässrige Phase während einiger Tage auf der Gesichtshaut testen. Vielen herzlichen Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, für mich einen Rezeptvorschlag zusammenzustellen.

Liebe Grüße, marie

Liriophe
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Ungelesener Beitrag von Liriophe »

Hallo Marie, ich hoffe du findest deine perfekte Hautpflege. Aber eigentlich kann es mit der Unterstützung hier gar nicht schief gehen. Reiskeimöl finde ich bei Real in der Ecke mit den Regalen fremder Länder Waren. Kostet dort 500g zur Zeit 3.79€. Eigentlich sollte es auch in Asialäden zu finden sein, hier bei uns jedoch irgendwie nicht.

Ein gutes Basisöl könnte auch Rapsöl für dich sein. Allerdings eher bei trockener empfindlicher Haut.

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Annika
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Ungelesener Beitrag von Annika »

Ich unterstütze Vivis Vorschlag bezüglich Wirkstoffe. :gut: Insbesondere der pH-Puffer scheint mir sinnvoll, wenn atopische Haut ähnlich wie neurodermitische nicht unbedingt den idealen pH aufweisen sollte. Dadurch sollte sich der Hautzustand zusätzlich beruhigen und feuchtigkeitsspendend sind beide auch.
Reiskeimöl muss auch nicht sein, du hast ja Mandelöl, das lässt sich mit Jojoba und Shea sehr schön pflegend ergänzen und stabilisieren. :)
Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, lass die Wirkstofföle erstmal weg. Du kannst sie abends bei Bedarf in der Hand ergänzen. So hast du eine weitere Möglichkeit, schrittweise zu testen. Sonst ist dir die Creme vielleicht nicht beruhigend genug/zu anregend und du weißt nicht woran es liegt (Wirkstoffgehalt, Wirkstofföle, Emulgator, ...).
LG Annika

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marie
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Ungelesener Beitrag von marie »

Liebe Annika,

vielen Dank für die Anregung, es fürs Erste ohne Wirkstofföle anzugehen :)
Ich werde auf den pH-Wert meiner bisherigen d-Panthenol Lösung einstellen, damit bin ich ja recht gut gefahren.

Liebe Grüße, marie

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marie
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Ungelesener Beitrag von marie »

In der Zwischenzeit hab ich nun eine Ölkombination, die mir zusagt, gefunden. Fürs Gesicht taste ich mich noch an die ideale Fettphase (25% war zu wenig, 35% ist zu viel, die nächste Charge wird dann bei 30% liegen), für die Körperpflege finde ich eine Fettphase von 35% angenehm.
Als Basisöle (B0) habe ich nun Jojoba (2,8 g), Jojoba als Karottenölauszug (0,1 g), Brokkolisamenöl (0,7 g), Squalan (0,4 g);
Sheabutter (3,5 g) sowie Baobaöl (3,8 g) und Aprikosenkernöl (3,7 g);
Weizenkeimöl und Borretschöl habe ich als Wirkstofföle genommen, beide zu je 0,6 g.
Diese Versuche habe ich mit Montavon L (1,3g) als Emulgator und Xanthan (0,2g Lebensmittelqualität in Glycerin) als Gelbildner gemacht.
Die wässrige Phase enthält 5g Glycerin (85%) sowie 1g d-Panthenol. Weitere Wirkstoffe werde ich in den kommenden Chargen austesten. Konserviert habe ich mit Alkohl (15% der wässrigen Phase) und mit Milchsäure den pH auf einen Wert zwischen 5,5 und 6,0 eingestellt.

Mit Lysogel habe ich eine eher dünnflüssige Emulsion (für Augen und T-Bereich; Fettgehalt 30%) gemacht. Den Anteil von Lysozym hatte ich zuerst mit Wasser und einem Speiseölfehlkauf ausgetestet; für meine Bedürfnisse waren 3% Lysogel ausreichend. In die Augen-T-Emulsion (12,5 g, mit Knethaken in Wasserbad gerührt) habe ich 0,8 g Jojobaöl, 0,5 g Sheabutter, 0,9 g Aprikosenkernöl, 0,8 g Sesamöl, 0,4 g Weizenkeimöl sowie 0,1g Bienenwachs gegeben. Das Lysozym (Lysogel 0,4 g) habe ich in heissem Wasser (7,1 g) dispergiert und zur erwärmten Fettphase gegeben. Als Wirkstoffe habe ich auch hier Glycerin und d-Panthenol verwendet und noch etwas Hamamelishydrolat (1 g) dazugegeben. Die Emulsion wurde mit Alkohol (15% der wässrigen Phase) konserviert und mit Milchsäure auf einen pH zwischen 5,5 und 6,0 eingestellt.

Die Feuchtigkeitspflege benutze ich nun seit Anfang Jahr, die Augen-T-Emulsion seit ein paar Tagen. Bisher bin ich recht zufrieden mit dem Ergebnis. Fürs Gesicht würde ich eine etwas mattere Pflege vorziehen, daher werde ich für die nächste Charge der Gesichtspflege andere Emulgatoren verwenden, voraussichtlich Emulprot mit Rein- oder Lysolecithin.

Vielen lieben Dank für Eure Anregungen.

Liebe Grüße, marie

Liebe Grüße, marie

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