Frisch gerührt - und nicht vertragen :-(

In diesem Unterforum erörtern wir Themen rund um die Entwicklung, Herstellung und Optimierung von Hautpflegeprodukten (inklusive Fehlersuche).

Moderator: Helga

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Annika
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Ungelesener Beitrag von Annika »

Mirimi hat geschrieben:
Dienstag, 10. März 2020, 08:47
Bei Rokonsal handelt es sich ja um ein Gemisch von Substanzen daher empfehle ich dir, die Substanzen bzw Bestandteile von Rokonsal zu notieren: INCI: Benzyl Alcohol, Glycerin, Benzoic acid, Sorbic acid
So kannst du sowohl bei Kaufprodukten als auch anderen Konservierungsmittel überprüfen.

Es scheint wohl auch so, dass Kaliumsorbat ein Salz der Sorbinsäure (Sorbic acid) ist. Möglicherweise liegt da schon die Ursache. Ich bin allerdings keine Chemikerin und bei solchen Fragen fehlt mir auch das Fachwissen.
Also... Eigentlich wollte ich gerade schreiben, dass Kaliumsorbat in wässriger Lösung und saurem pH zu Sorbinsäure dissoziiert, dass das die wirksame Komponente ist und deshalb alle Rezepturen, die mit Kaliumsorbat konserviert werden auch einen pH von ≤ 5.5 haben müssen, damit genug in dissoziierter Form vorliegt.

Jetzt habe ich das im Rohstoffportrait nachgelesen, und da steht das exakte Gegenteil:
Kaliumsorbat wirkt nur in undissoziierter Form und verliert seine konservierende Wirkung bei Einsatz über pH 5.
Uppsi. :D Erschließt sich mir gerade nicht , warum das so ist, wenn doch in Rokonsal Sorbinsäure verwendet wird. Die wird wohl kaum in der Wasserphase auf einmal ihr Salz ausbilden. Hier steht auch, dass unterhalb von pH 5.5 die wirksame Säure gebildet wird. So oder so, Linea, wenn du auf Kaliumsorbat reagierst, ist es sehr naheliegend, dass du auf alle Konservierer reagierst, die Sorbinsäure enthalten.
LG Annika

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Linea
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Ungelesener Beitrag von Linea »

Hallo,

wow, vielen Dank für eure weiteren Antworten!

Okay, besonders das mit der Sorbinsäure sollte ich mir merken, vielen Dank, so habe ich schon mal eine Orientierung, was eher nicht in Frage kommt, wenn ich doch noch weitere Konservierer ausprobieren will. Auch auf die anderen Inhaltsstoffe von Rokonsal kann ich eventuell noch mal einen genaueren Blick werfen und vielleicht mit den Inhaltstoffen gekaufter (verträglicher) Kosmetika vergleichen - vielleicht lässt sich dann schon manche Substanz als für mich unproblematisch einsortieren ...

Prima, vielen Dank nochmal :)

Und das mit dem Hydrodispersionsgel muss ich wahrscheinlich noch etwas ausprobieren. Mit ein paar Tropfen Öl gemischt, schien es schon besser zu funktionieren
marie hat geschrieben:
Dienstag, 10. März 2020, 06:15
Nach meinen Erfahrungen (vielleicht auch nur ein Eindruck) verstärkt die Zugabe von Ethanol (ich konserviere auch nur mit Ethanol) das Verdicken.
Interessant, das muss ich vielleicht auch mal beobachten. Wäre ja eigentlich ganz praktisch ...

Viele Grüße
Linea

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

Annika hat geschrieben:
Dienstag, 10. März 2020, 10:32
Also... Eigentlich wollte ich gerade schreiben, dass Kaliumsorbat in wässriger Lösung und saurem pH zu Sorbinsäure dissoziiert, dass das die wirksame Komponente ist und deshalb alle Rezepturen, die mit Kaliumsorbat konserviert werden auch einen pH von ≤ 5.5 haben müssen, damit genug in dissoziierter Form vorliegt.

Jetzt habe ich das im Rohstoffportrait nachgelesen, und da steht das exakte Gegenteil
Kaliumsorbat wirkt nur in undissoziierter Form und verliert seine konservierende Wirkung bei Einsatz über pH 5.
Habe ich womöglich das, was mir damals vor Jahren ein Firmenchemiker erklärte, falsch wiedergegeben und »dissoziiert« und »undissoziiert« vertauscht? Bitte helft mir.

Die deutsche Apothekerzeitung sagt aktuell:
Bei Konservierungsmitteln, die sowohl im dissoziierten als auch im undissoziierten Zustand vorkommen können, ist der Dissoziationsgrad und damit häufig auch ihre Aktivität stark vom pH-Wert abhängig. Die undissoziierte Form ist aufgrund ihrer höheren Lipophilie meist besser antimikrobiell wirksam, ist aber auch schlechter wasserlöslich als die dissoziierte Form. Deutlich wird das am Beispiel der Sorbinsäure (Hexadiensäure, E 200) bzw. ihres Alkalisalzes Kaliumsorbat. Sorbinsäure wirkt vor allem gegen Hefen und Schimmelpilze, nur untergeordnet auch gegen Bakterien [6, 7]. Die Wirkung ist an die undissoziierte Form, also die Sorbinsäure, gebunden. Die Sorbinsäure steht aber mit ihrem Salz, dem Sorbat, in einem pH-abhängigen Gleichgewicht. Unter Verwendung der Henderson-Hasselbalch-Gleichung und des pKS-Werts der Sorbinsäure lässt sich das Verhältnis von Sorbinsäure zu Sorbat beim in der Formulierung vorliegenden pH-Wert berechnen. In der Literatur wird der optimale pH-Bereich für die Verwendung von Sorbinsäure als Konservierungsmittel mit 3,5 bis 5,5 angegeben [5]. Oberhalb dieses pH-Werts liegen weniger als 20% Sorbinsäure im Gleichgewicht vor, was die Konservierung negativ beeinflusst. Bei der Rezepturherstellung muss auch beachtet werden, dass Sorbinsäure selbst nur begrenzt wasserlöslich, wasserdampfflüchtig und sublimierbar ist [6]. Aus diesem Grund wird bei der Rezepturherstellung das deutlich besser wasserlösliche Kaliumsorbat eingesetzt, aus dem im sauren pH-Bereich durch das Gleichgewicht das eigentliche Konservierungsmittel Sorbinsäure entsteht.
Ich hatte es so verstanden, dass bei saurem pH-Wert die Sorbinsäure vorliegt – also die undissoziierte Form – siehe Fettdruck.

Noch einmal kurz zusammengefasst: Salz bei höherem pH-Wert (dissoziiiert), Säure bei niedrigem pH-Wert (undissoziiert).

:gruebel: Hilfe. :schmatz: Ich lese den Text oben immer noch so.
Liebe Grüße
Heike

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marie
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Ungelesener Beitrag von marie »

Liebe Heike,

ich verstehe es auch so, dass nur die Sorbinsäure eine konservierende Wirkung zeigt, wir jedoch das Kaliumsalz verarbeiten. In wässriger Lösung ist das Salz löslich (Sorbat- /K+); in saurem Milieu wird Sorbat protoniert (Sorbinsäure).

Der Text des Rohstoffportraits spricht meist von Kaliumsorbat.
Folgende Sätze können ggf missverstanden werden:
"Kaliumsorbat wirkt gegen Hefen und Schimmelpilze"
sowie
"Kaliumsorbat (also das Kaliumsalz der Sorbinsäure) wirkt nur in undissoziierter Form (...)" (also als ungelöstes Salz/unprotoniert) (Fettdruch/Ergänzung von mir).

Vermutlich würde ich in diesen beiden Sätzen "Kaliumsorbat" durch "Sorbinsäure" ersetzen.

Liebe Grüße, marie

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Annika
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Ungelesener Beitrag von Annika »

Heike hat geschrieben:
Dienstag, 10. März 2020, 21:33
Noch einmal kurz zusammengefasst: Salz bei höherem pH-Wert (dissoziiiert), Säure bei niedrigem pH-Wert (undissoziiert).
:gruebel: Hilfe. :schmatz: Ich lese den Text oben immer noch so.
Den Text oben verstehe ich auch so wie du.
Mein Eingangsgedanke, nämlich dass Kaliumsorbat in Wasser dissoziiert, deckt sich mit der Definition auf Wikipedia:
elektrolytische Dissoziation ist der reversible Zerfall einer chemischen Verbindung in Anionen und Kationen in einem Lösungsmittel (z. B. Salze in Wasser).
Genau das passiert ja auch, wenn wir NaCl im Nudelwasser lösen.
Das wäre diese Reaktion:
Dissoziation_Kaliumsorbat.jpg
Bei saurem pH-Wert findet dann eine Protonierung statt und es entsteht die wirksame Form, die Sorbinsäure:
Protonierung.jpg
Auch die Sorbinsäure kann dissoziieren, auch das ist pH-abhängig. Das entstehende Molekülanion kennen wir schon aus Reaktion 1, nämlich das gelöste Kaliumsorbat (bzw. dessen anionischer Teil). In beiden Fällen ist es unwirksam als Konservierung.
Dissoziation_Sorbinsäure.jpg
Wenn ich also meinen obigen Text betrachte müsste dort stehen:
Annika hat geschrieben:
Dienstag, 10. März 2020, 10:32
Eigentlich wollte ich gerade schreiben, dass Kaliumsorbat in wässriger Lösung und saurem pH zu Sorbinsäure dissoziiert, dass das die wirksame Komponente ist und deshalb alle Rezepturen, die mit Kaliumsorbat konserviert werden auch einen pH von ≤ 5.5 haben müssen, damit genug in dissoziierter protonierter Form vorliegt.
Alle Klarheiten beseitigt? :sunny:
marie hat geschrieben:
Dienstag, 10. März 2020, 23:56
"Kaliumsorbat wirkt gegen Hefen und Schimmelpilze"
sowie
"Kaliumsorbat (also das Kaliumsalz der Sorbinsäure) wirkt nur in undissoziierter Form (...)"[/size].
Vermutlich würde ich in diesen beiden Sätzen "Kaliumsorbat" durch "Sorbinsäure" ersetzen.
Dem schließe ich mich an. :)
LG Annika

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Nine
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Ungelesener Beitrag von Nine »

Heike hat geschrieben:
Dienstag, 10. März 2020, 21:33
Noch einmal kurz zusammengefasst: Salz bei höherem pH-Wert (dissoziiiert), Säure bei niedrigem pH-Wert (undissoziiert).
:gruebel: Hilfe. :schmatz: Ich lese den Text oben immer noch so.
Ich auch :-) und halte darüber hinaus Maries Formulierungsvorschlag ebenfalls für missverständnisminimierend ;-)

Grüessli Nine

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

Gut, dann habe ich es doch richtig verstanden. So ist es auch im Portrait gemeint: Erst bei niedrigem pH-Wert liegt die Säure vor.

Ungeachtet dessen wird Kaliumsorbat gekauft und Kaliumsorbat verarbeitet, daher halte ich es nicht für sinnvoll, plötzlich von Sorbinsäure zu sprechen bzw. die Begriffe einfach auszutauschen. Ich werde die Formulierung so ändern, dass sie nicht verwirrt und gleichzeitig korrekt ist. Der Kunde kauft eben in diesem Fall Kaliumsorbat, nicht Sorbinsäure (die man auch kaufen kann).
Liebe Grüße
Heike

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Mirimi
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Ungelesener Beitrag von Mirimi »

Herzlichen Dank an alle Chemiekennerinnen für die detaillierte Aufklärung! Ich finde es wirklich klasse, wie in diesem Forum solchen Fragen und Unklarheiten nachgegangen wird. Mit meiner Unkenntnis konnte ich nur vermuten, dass Kaliumsorbat und Sorbinsäure irgendwie ein "Verwandschaftsverhältnis" haben. Durch eure Beiträge konnte ich ein tieferes Verständnis erlangen, was ich für mich persönlich als sehr wertvoll erachte. Also nochmal ganz großen Dank, dass ihr euer Wissen hier teilt!

Zusammengefasst kann man also sagen:
1. der Rohstoff, der zur Konservierung benutzt wird heißt Kaliumsorbat
2. Kaliumsorbat ist ein Salz der Sorbinsäure
3. durch die PH Wert Einstellung unter 5,5 reagiert das Kaliumsorbat und es entsteht Sorbinsäure
4. in Lineas Fall heißt das, dass sie vermutlich Sorbinsäure nicht verträgt und daher sowohl auf Kaliumsorbat als auch Konservierungsgemische mit Sorbinsäure reagiert

stimmt das so?
LG

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Nine
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Ungelesener Beitrag von Nine »

Mirimi hat geschrieben:
Mittwoch, 11. März 2020, 16:02
stimmt das so?
Ja :-)
Und wirklich nur, weil heute mein pingeliger :opa: Tag ist, wööönzigste Ergänzungen:
Mirimi hat geschrieben:
Mittwoch, 11. März 2020, 16:02

1. der Rohstoff, der zur Konservierung benutzt wird heißt Kaliumsorbat
2. Kaliumsorbat ist eindas Kalium- Salz der Sorbinsäure
3. durch die PH Wert Einstellung unter 5,5 reagiert das Kaliumsorbat-Anion und es entsteht durch Protonierung Sorbinsäure
3a. Die Sorbinsäure ist das eigentlich wirksame Konservierungsmittel, weshalb bei Verwendung von Kaliumsorbat unbedingt auf den sauren pH-Wert geachtet werden muss!
4. in Lineas Fall heißt das, dass sie vermutlich Sorbinsäure nicht verträgt und daher sowohl auf Kaliumsorbat als auch Konservierungsgemische mit Sorbinsäure reagiert
*pingelmodusaus*
;) Nine

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Linea
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Ungelesener Beitrag von Linea »

Nine hat geschrieben:
Mittwoch, 11. März 2020, 16:44
pingelmodusaus
Vielen Dank für diese super (klare) Zusammenfassung. Manchmal ist pingelig sein auch gut :lupe:

Viele Grüße
Linea

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